Nicht nur die Gesundheitsbranche erlebt aktuell eine ihrer wohl stärksten Herausforderungen. Auch viele Unternehmen bangen um ihre Existenz.
Gerade jetzt, wo es um alles zu gehen scheint und Umsätze gegen Null tendieren, stellt sich die Frage:
Darf man aktuell überhaupt werben? Und wenn ja, wie?
Die Frage lässt sich ziemlich schnell mit JA beantworten. Werbung ist jetzt wichtiger denn je. Nur in der Tat begeben sich verzweifelt Werbende hier auf einen schmalen Pfad. In einer derartigen Krise sind vermeintlich selbstbewusste ‚Wir-schaffen-das-Floskeln‘ in der Kommunikation nicht unbedingt angebracht. Im Prinzip gilt es drei Faktoren zu beachten:
1. Menschlichkeit siegt.
Das Beispiel des verzweifelten Bäckers dieser Tage hat es uns denkbar rührend vor Augen geführt: Nichts schafft mehr Nähe, als ehrliche Kommunikation. Menschen sind sehr feinfühlig dafür, ob eine Werbebotschaft ernst gemeint ist. Transparente und ehrliche Ansagen werden dankend aufgenommen, auch wenn die Botschaft nicht unbedingt von Erfolgsmeldungen gekrönt ist. Gerade jetzt (eigentlich immer!) muss Marketing menschlich sein. Sich nah anfühlen, darf aber nicht kalkuliert auf die Tränendrüse drücken. Das merken die Menschen sofort. Wir halten noch X Monate durch zeigt, dass man es ehrlich meint und strahlt im Zweifelsfall mehr Vertrauenswürdigkeit und Kontrolle aus, als ein sprechblasiges ‚wir packen das‘!
2. Marke stärken, nicht das Konto
Auch wenn es aktuell bei vielen Firmen und Influencern den Anschein macht, dass die Krise auch für die schnelle Mark genutzt werden kann, ist dem nicht so. Das ist nicht nur menschlich fragwürdig, sondern birgt offensichtliches Pocher-Potential (früher als Shitstorm bekannt ;D). In Zeiten der Krise heißt es: Marke stärken, nicht das Konto! Wie das geht? Wirb für deine Branche, nicht für dich selbst. Schalte das Konkurrenzdenken erst einmal aus. Es gibt größere Themen und mit gezücktem Ellenbogen läuft es sich schwerer durch den schmalen Pfad. Versuche – sofern möglich – anderen zu helfen! Nicht aus Marketinggründen, sondern aufgrund des tatsächlichen Helfen-Wollens! Gib frei Informationen oder Leistungen heraus, intensiviere dadurch deine Beziehungen und adaptiere dein Produkt, sodass es Mehrwerte stiftet. So wappnest du dich für die Zeit nach der Krise. Dass die Telekom bei dem aktuell stark erhöhten Datenverbrauch ihren Kunden 10GB verschenkt, werden diese sicherlich auch nach der Krise nicht vergessen.
3. Sage was, wenn du was zu sagen hast.
Jürgen Klopp hat diesen Punkt nach Rückfrage eines Reporters zu seiner persönlichen Corona-Einschätzung sehr sympathisch verbildlicht: ‚Wieso fragen sie mich? Ein Fussballtrainer ist kein Virologe!‘ Es gibt aktuell recht wenige Marken und Dienstleister mit offensichtlich hoher Werberelevanz. Die schlüssigsten sind wohl die Supermärkte, dessen mutmachende Wir-sind für-Euch-da-Slogans uns seit Tagen von sämtlichen Newsportalen anlächeln. Wer sich dennoch in den Dialog begibt und das Zeitgeschehen als Werbeaufhänger nutzen möchte, sollte ziemlich genau den Kontext hinterfragen.
Alles was Sinn macht, macht Sinn. Alles was hilft ist wichtig. Da viele Firmen nun zwangsweise versuchen müssen ihr Kerngeschäft auf nicht-physische E-Commerce-Businesses auszuweiten, ist es nicht verwerflich, hier als entsprechender Tech-Spezialist aktiv zu werden. Wem mit seinem Produkt / seiner Dienstleistung jedoch kein inhaltlicher Bezug zur Krise gelingt, sollte diesen keineswegs krampfhaft forcieren. Es darf auch ohne ‚Corona-Fit‘ emphatisch und relevant weitergeworben werden.